Überzeugung im Trading : ein zweischneidiges Schwert

Im Laufe des Lebens trifft jeder Mensch auf unzählige Situationen, in denen die eigene Überzeugung eine wesentliche Rolle spielt. Beispielsweise im Sport: Ein Athlet, der fest an seine Fähigkeiten glaubt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit bessere Leistungen erbringen als einer, der ständig zweifelt. Überzeugung kann ebenso in der Berufswelt als Antrieb fungieren. Ein Unternehmer, der von seiner Geschäftsidee überzeugt ist, wird alle Anstrengungen unternehmen, um diese zum Erfolg zu führen.

So essentiell Überzeugungen in bestimmten Lebensbereichen sein können, so trügerisch können sie im Finanzsektor sein, insbesondere beim Trading und bei Investitionen. Dabei sind gerade in Bezug auf Wirtschaft und Gesellschaft Überzeugungen weit verbreitet, beispielsweise:

  1. Die Wirtschaft wächst stetig und ununterbrochen.
  2. An der Börse kann man nur verlieren.
  3. Gold ist die sicherste Anlageform.
  4. Kryptowährungen sind die Zukunft.
  5. Immobilien sind immer eine sichere Investition.
  6. Die nächste große Wirtschaftskrise steht unmittelbar bevor.
  7. Große Unternehmen sind sicherere Investments als kleine Startups.
  8. Der Aktienmarkt ist manipuliert.
  9. Der Staat rettet immer die großen Unternehmen.
  10. Der Einfluss der Zentralbanken auf den Markt ist ausschließlich positiv.

Aus der Psychologie kennen wir den Begriff der „Bestätigungsverzerrung“ (Confirmation Bias): Wir neigen dazu, Informationen zu suchen und zu bevorzugen, die unsere Überzeugungen bestätigen, und ignorieren diejenigen, die sie widerlegen. Auf den Kapitalmarkt übertragen bedeutet dies, dass Trader und Investoren, die von einer bestimmten Überzeugung getrieben sind, Informationen auswählen, die ihre Sichtweise stützen. So können sie beispielsweise übersehen, dass ihr Investment gerade in eine Abwärtsspirale gerät, weil sie nur auf die positiven Signale achten, die ihre Überzeugung stärken.

Dies war beispielsweise während der Finanzkrise 2007/2008 zu beobachten. Viele Investoren und Portfoliomanager waren von der Überzeugung geleitet, dass der Immobilienmarkt in den USA stabil und sicher sei. Sie ignorierten Warnzeichen, die auf eine bevorstehende Krise hindeuteten. Als die Blase platzte und der Immobilienmarkt zusammenbrach, erlebten viele einen erheblichen Verlust in ihren Portfolios. Trotz massiver Eingriffe der Regierungen und Zentralbanken weltweit konnte das Vertrauen in den Markt erst nach Jahren wiederhergestellt werden.

In Zeiten von Finanzkrisen und Pandemien treten häufig selbsternannte Experten auf den Plan, die aufgrund ihrer Überzeugungen diverse Prognosen abgeben. Besonders Goldhändler nutzen diese Situationen oft, um den Anstieg des Goldpreises zu prognostizieren. Dabei sind diese Prognosen nicht immer zutreffend. So haben während der letzten Finanzkrisen und der COVID-19-Pandemie viele Weltuntergangsszenarien Verbreitung gefunden welche später nicht eingetreten sind.

In den letzten Jahren hat das Thema „Überzeugung im Trading“ erheblich an Bedeutung gewonnen. Doch während eine starke Überzeugung in vielen Lebensbereichen als Tugend betrachtet wird, kann sie beim Trading zu erheblichen Verlusten führen.

Um zu verstehen, warum das so ist, nehmen wir ein Beispiel aus dem Leben: Ein Bergsteiger, der fest davon überzeugt ist, dass er den Gipfel erreichen kann, kann möglicherweise den Mut aufbringen, schwierige Passagen zu überwinden und das Ziel trotz Hindernissen zu erreichen. Diese feste Überzeugung kann ihm Kraft geben und ihn dazu motivieren, weiterzumachen.

Im Trading kann eine ähnliche Überzeugung jedoch gefährlich werden. Angenommen, ein Trader ist davon überzeugt, dass eine bestimmte Aktie steigen wird. Er ignoriert möglicherweise gegenteilige Informationen und setzt weiterhin auf den Kursanstieg, auch wenn die Fakten dagegen sprechen. Wenn sich seine Überzeugung als falsch herausstellt, kann dies zu erheblichen Verlusten führen.

Doch nicht nur einzelne Trader können von ihrer Überzeugung geblendet werden. Auch in der Gesellschaft und Wirtschaft gibt es zahlreiche Beispiele für Überzeugungen, die sich als falsch herausgestellt haben. Hier sind zehn davon:

  1.  Der Glaube, dass die Immobilienpreise immer weiter steigen werden, führte zur Finanzkrise 2008.
  2. Viele glaubten, dass die Dotcom-Unternehmen der späten 1990er Jahre unendlich wachsen würden. Der daraus resultierende Dotcom-Crsh zeigt, dass dies nicht der Fall war.
  3. Die Überzeugung, dass bestimmte Länder oder Regionen (z.B. China und die sogenannten BRIC-Staaten)unaufhaltsam wachsen werden.
  4. Der Glaube an die Unverwundbarkeit bestimmter Unternehmen und Branchen.
  5. Die Überzeugung, dass Technologieunternehmen nicht von traditionellen Geschäftszyklen betroffen sind. 
  6. Der Glaube, dass Investitionen in erneuerbare Energie immer profitabel sind.
  7. Die Überzeugung, dass Gold immer eine sichere Anlage ist.
  8. Der Glaube, dass der Aktienmarkt immer weiter steigt.
  9. Die Überzeugung, dass der Preis von Kryptowährungen nur eine Richtung kenn: nach oben,
  10. Der Glaube, dass staatliche Eingriffe immer negative Auswirkungen auf den Markt haben.
 

Im Kontext des Kapitalmarkts bedeutet das: Wenn ein Anleger fest davon überzeugt ist, dass eine bestimmte Aktie steigen wird, neigt er dazu, nur jene Daten oder Marktanalysen zu berücksichtigen, die seine Überzeugung unterstützen. Dagegen wird er andere Faktoren, die auf eine Kursminderung hinweisen könnten, vernachlässigen oder abwerten. Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Marktlage führen und im schlimmsten Fall zu hohen finanziellen Verlusten.

Es ist daher wichtig, dass Trader ihre Überzeugungen regelmäßig hinterfragen und ihre Anlageentscheidungen stets auf einer breiten Informationsbasis treffen. Sie sollten bereit sein, ihre Meinung zu ändern, wenn die Faktenlage dies erfordert. Dazu gehört auch, sich regelmäßig weiterzubilden und das eigene Wissen und Verständnis von den Märkten zu vertiefen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Überzeugungen im Trading sowohl hilfreich als auch gefährlich sein können. Sie können Motivation und Selbstvertrauen fördern, aber auch zu verzerrten Wahrnehmungen und schlechten Anlageentscheidungen führen. Trader sollten daher immer bemüht sein, ihre Überzeugungen kritisch zu hinterfragen und ihre Anlageentscheidungen auf einer soliden Informationsbasis zu treffen.